Veuve Fourny & Fils, Champagne

Die Champagne ist das nördlichste der französischen AOC-Gebiete: es liegt etwa 150km nordöstlich von Paris. Eigentlich sollte man meinen, dass das Klima wenig geeignet für die Herstellung hochwertiger Weine sei. Zu kalt, ziemlich nass, die Vegationsperiode wird bis zum letzten ausgereizt, damit die Trauben richtig ausreifen können. Wenn der richtige Reifegrad erreicht ist, entstehen Grundweine mit einem hohen Säuregehalt, die ihre ganze Finesse am Gaumen durch die tausend kleinen aufplatzenden Bläschen zeigen. Einen großen Beitrag dazu leistet der kreidehaltige Boden, der in verschiedenen Zusammensetzungen in der ganzen Champagne zu finden ist. Wenige Anbaugebiete sind so bekannt und in ihrem Markenbewusstsein stärker geprägt als die Champagne.

Der Begriff Champagner und dessen Bedeutung werden von zahlreichen Lobbyisten verteidigt. Anfang der Zweitausender wurde den Winzern aus dem Schweizer Ort Champagne verboten, ihren Wein als Vin de Champagne in den Verkauf zu bringen: sie müssen ihren Wein mittlerweile als Libre-Champ verkaufen. So groß ist das Prestige der kostbaren Blubberbläschen, welches in der Region vor allem von den großen Handelshäusern dominiert wird.

Die Côtes des Blancs ist eines von neun Gebieten in der Champagne, sie liegt etwa 50km südlich von Reims im Departement Marne und beherbergt so bekannte Champagner-Gemeinden wie Epernay, Oger, Les-Mesnil-sur-Oger und Vertus. Letzterer ist Heimstatt des kleinen Champagner-Hauses Veuve Fourny & Fils. Die Familie ist seit 1856 im Champagner-Geschäft. In jenem Jahr gründete August Ferdinand Fourny das Unternehmen. Im Jahre 1931 produzierte die Familie erstmalig unter eigenem Namen, damals noch als Champagne Albert Fourny. Erst als Albert starb und seine Frau die Leitung übernahm, erfolgte in den 1950er Jahren die Umbenennung in Veuve Fourny & Fils.

Heute leiten die Brüder Emmanuel und Charles Fourny in fünfter Generation das Weingut, das, ganz typisch für die Côtes des Blancs, hautsächlich reinsortige Chardonnay-Champagner herstellt. Die Reben wachsen auf Kreideböden mit unterschiedlich dicker Auflage. Diese Böden können große Wassermengen gut ableiten, versorgen die Reben bei Trockenheit aber trotzdem mit Feuchtigkeit. Die Größe von Fourny & Fils bewegt sich im einstelligen Hektar-Bereich, mit hervorragendem Premier Cru-Terroir. Die Hänge sind Richtung Süd, Ost und Südost ausgerichtet und werden mit Kompost genährt. Die behutsame Bearbeitung der Parzellen spielt eine große Rolle: je nach Bedarf werden sie gepflügt oder begrünt. Die Parzellen werden, ähnlich wie im Bordeaux, getrennt voneinander gelesen und auch vinifiziert, um der Cuvée die gewünschte Individualität und Persönlichkeit zu geben. Emmanuel und Charles möchten ihren Kreationen eine große Eleganz und Frische verleihen und das Endprodukt mit einer möglichst geringen Dosage anreichern. Die Champagner von Fourny reifen mindestens sechs Monate auf der Hefe und mindestens zwei Jahre auf der Flasche, bei einigen Produkten wird diese Zeit um ein vielfaches überschritten. Seit 1930 ist die Familie alleiniger Besitzer des Clos Faubourg Notre-Dame, einem vollständig von einer Mauer umgebenen Chardonnay-Weinberg im Herzen von Vertus. Dieser Champagner reift bis zu 10 Jahre auf der Flasche in den eigenen Kellern.

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Vinum Magazin World of Champagner Special 2019:
*Höhenflug
mit Emmanuel Fourny

Seit sich die Brüder Charles und Emmanuel um den Familienbetrieb in Vertus kümmern, sind Veuve Foruny Flügel gewachsen. Ihr Geheimnis: minutiöse Kleinarbeit und Trauben aus exzellenten Lagen.

Vertus liegt im Süden der Côte des Blancs. Das Gros der Lagen profitiert von südlicher oder südöstlicher Ausrichtung. Ein Vertus ist immer opulenter als ein Mesnil, Oger oder Cramant. Unser Mont de Vertus Extra Brut 2012 illustriert ideal, was ich unter einem Vertus verstehe. Er stammt von drei Parzellen (Barillier, Mont Ferré und Mont Ferré Bas) im Norden des Dorfes. Sie liegen auf kleinen Buckeln: Die Kreide stösst hier an die Oberfläche und sorgt für Mineralität und Finesse. Unser Mont ist ein reiner Blanc de Blancs, mit zwei Gramm dosiert. Wir haben lange gezögert, ihn überhaupt zu dosieren. Doch zwei Gramm sind genau das, was er braucht für die optimale Balance.
Lange ging die Rede, man solle Trauben für Champagner vor der optimalen Reife ernten, um genügen Säure zu haben. Das ist Humbug. Die spitze Säure muss man dann mit hoher Dosage übertünchen. Bei optimaler Reife ist die Säure zwar tiefer, doch es kommt ein neuer Faktor zum Tragen, den ich Salinité nenne (Salzigkeit) oder Sapidité (Schmackhaftigkeit) mit einer Spur nobler Bitterkeit. Man kann auch von Mineralität sprechen. Es ist dieser schwer zu beschreibende Eindruck, der anregt und für tonische Frische sorgt, die nicht ermüdet, für Spannkraft und Länge, die früher genau durch die Dosage wegradiert wurde. Optimale Reife, möglichst wenig Schwefel bei der Ernte und keinen mehr nachher, langer Ausbau auf der Hefe, Assemblage von Weinen, die im Tank, in der Barrique oder in Fudern vergärten, für die aromatische Komplexität, das ist minutiöse Detailpflege, die sich lohnt. Im Jahrgang 2012 kommen unser Stil und unsere Arbeit besonders gut zum Ausdruck. 2012 ist ein unterschätzter, aber grosser Jahrgang! Rolf nennt ihn den Jahrgang der Wahrheit. Ich sehe das nicht anders.*

Gerhard Eichelmann Champagne 456
*Die Familie Fourny baut seit 1856 Wein in Vertus an und gründete 1930 ihre eigene Marke. Alle eigenen Weinberge befinden sich in Vertus, und alle Parzellen werden separat vinifiziert, einschließlich des Clos Faubourg Notre Dame, ursprünglich 22 Ar, jetzt 29 Ar (nach dem Abriss eines Gebäude und der Neubepflanzung dieses Teils des los). Die Brüder Charles und Emmanuel Fourny führen das Weingut seit 1995. Ihr Vater war jung gestorben, und ihre Mutter hatte das Weingut seit 1980 geführt, daher der Name Veuve Fourny. Emmanuel und Charles Fourny haben die Weine jeder Parzelle sorgfältig analysiert und sie in zwölf verschiedene Gruppen geordnet, die die Grundlage für die Cuvées bilden. Neben den eigenen Weinbergen in Vertus bewirtschaften sie weitere Weinberge von Familienmitgliedern, kaufen aber auch Trauben zu. Die Weine werden teils in Edelstahl, teils im Barrique ausgebaut. In der Regel macht der Barriqueanteil bei allen Cuvées etwa ein Viertel bis ein Drittel aus, nur der Jahrgangschampagner wird ausschließlich im Edelstahl ausgebaut, während Cuvée R und Cuvée du Clos Notre Dame komplett in Barrique ausgebaut werden. Die Weine werden langsam vergoren, bleiben lange auf der Hefe, sie werden heute nicht mehr filtriert. Die malolaktische Gärung wird teilweise blockiert, der Anteil ist jahrgansabhängig. Die Reserveweine wurden ursrpünglich in Edelstahl oder Barrique gelagert, während heute ein Teil im großen Eichenfass gelagert wird. Alle Champagner verbringen mindestens zweieinhalb Jahre auf der Hefe, sie werden heute alle extra-brut oder aber überhaupt nicht dosiert.
Die Stilistik
Veuve Fourny-Champagner sind kraftvoll, sehr individuell, druckvoll, präzise und komplex, mit feinen mineralischen und salzigen Noten im Abgang. Sie haben in den letzten Jahren an Nachhaltigkeit gewonnen, zeigen eine klare Handschrift und einen konsequenten Stil. Der Brut Nature ist geradlinig, reintönig, mineralisch, der Extra-Brut ist durch seine Dosage deutlich offener, fruchtbetonter und zugänglicher. Spannend ist der Grands Terroirs, zeigt gute Konzentration, viel reife Frucht, etwas gelbe Früchte, ist im Mund sehr präzise, mineralisch und nachhaltig. Von diesen drei Non Vintage-Champagner habe ich jeweils den Basisjahrgang 2019 verkostet. Deutlich verschieden ist der R de Veuve Fourny (jeweils 50 Prozent aus 2016 und 2015), zeigt feine rauchige Noten, ist konzentriert, herrlich eindringlich, druckvoll, nachhaltig - und besser denn je. Ihn gibt es nun auch in einer 20 Jahren alten Version, die deutliche Reife zeigt, aber harmonisch und lang ist (Jahrgänge 2001 und 2000). Immer spannend und sehr eigenständig sind die drei Rosés von Charles und Emmanuel Fourny: Der „normale“ Rosé setzt ganz auf Frucht und Frische, besitzt schöne Präzision. Les Monts de Vertus, Jahrgang 2015, ist noch fruchtintensiver, noch dominanter und zupackender, besitzt viel Frische, Druck und Nachhall. Beim Rosé Vinothèque steht die Eleganz im Vordergrund, er ist lang und nachhaltig und trotzdem kraftvoll. Der 2016er Monts de Vertus ist noch enorm frisch und jugendlich, herrlich zupackend, der 2015er ist etwas rauchiger, sehr reintönig, 2013 präsentiert sich in Top-Form, ist intensiv, präzise, mineralisch und nachhaltig. Deutlich anders ist immer der Clos, was natürlich auch daher rührt, dass er im Barrique ausgebaut wird und viel länger auf der Hefe bleibt. 2012 zeigt viel Intensität, Orangen, Orangenschalen und Grapefruit, ist enorm kraftvoll, dominant, hat Substanz und Grip, 2008 ist recht opulent, sehr lang und nachhaltig.
Die Champagner
Das Sortiment besteht aus Brut Nature (100% Chardonnay, etwa 20% Reserveweine aus den beiden Vorjahren), Blanc de Blancs Extra-Brut (25% Reserveweine der beiden Vorjahre, Dosage etwa 5 Gramm), R de Veuve Fourny (Chardonnay von 50 Jahre alten Reben, achtzehn Monate im Barrique ausgebaut; ursprünglich enthielt diese Cuvée 10% Pinot Noir; inzwischen auch als „R“ de Veuve Fourny 20 ans âge Brut Nature), Grands Terroirs (80% Chardonnay, 20% Pinot Noir, hauptsächlich aus Vertus, aber auch aus Oger, Cramant und Chouilly, 50% fassgereifte Reserveweine aus drei Jahren, ex-Grande Réserve), Monts de Vertus Blanc de Blancs Millésimé (von 50 Jahre alten Reben, hauptsächlich von Les Barilliers und Les Monts Ferrés, Edelstahl) und Cuvée du Clos Notre Dame Millésimé (100% Chardonnay, Einzellage, 29 Ar, 100% Barrique, erster Jahrgang 1993). Und es gibt drei Rosé-Champagner: Rosé (jeweils 50% Pinot Noir und Chardonnay, Pinot Noir teils als Blanc de Noir, teils als acht Tage mazerierter Rotwein, Reserveweine), Rosé Vinothèque (ähnliche Cuvée, aber aus einem einzigen Jahrgang, teilweise mit bis zu 5% Reserveweinen, vier Jahre auf der Hefe, erstmals 2011) und Rosé Les Monts de Vertus (100% Pinot Noir von Les Rouges Monts und Les Gilottes, rosé de saignée, aus einem einzigen Jahrgang; ersetzte Les Rougesmonts Rosé). Zwei Einzellagen-Champagner aus Vertus werden zukünftig das Programm ergänzen, Le Mont Ferré und La Justice.*

Gegründet: 1856
Besitzer: Emmanuel und Charles Fourny
Webseite: www.champagne-veuve-fourny.com
Anschrift: 5, rue du Mesni, FR 51130 Vertus