Finch - kleiner Besuch in der Albbrennerei

14.03.2016

Spirituosen > Whisky

Ein Ortstermin sollte es werden, Ware war auch bestellt und musste abgeholt werden. Also auf nach Nellingen, einem kleinen Ort auf der Alb, etwa 20 Autominuten von Ulm entfernt.

Im Ort selbst keine großen Hinweisschilder oder ähnliches. Der Hinweis der Kollegin, dass auch ein Hotel zum Anwesen gehört, führte uns aber zügig ans Ziel. Nellingen, ein typischer Ort auf der schwäbischen Alb: große Gehöfte, teilweise noch bewirtschaftet, hübsche Vorgärten, in denen man keinen asiatischen Steinfirlefanz findet sondern Blumen und Gras, Landgasthöfe; hier ist die Welt noch in Ordnung.

Der Empfang fällt auch dementsprechend herzlich aus: Frau Mozer, die den Vertrieb leitet und sich auch sonst in der Gästebetreuung hervorragend macht, begrüßt uns. Wir werden überraschenderweise in einen Schulungsraum geleitet und dürfen erstmal ein Filmchen schauen, der Chef braucht noch eine Minute. Der Hof ist groß und verschachtelt, neben einem Restaurant gibt es auch Hotelzimmer und Tagungsräume. Die Brennerei liegt direkt auf der gegenüberliegenden Hofseite des Hotels und der Terrasse. Auf jeden Fall wird hier um das Brennen kein großes Mysterium gemacht, die Tore stehen offen, jeder könnte mal ein Auge reinwerfen und der Brennerin bei der Arbeit zusehen. Wie wir später erfahren, ist diese Einstellung sehr wichtig für Hans-Gerhard Fink – transparent soll es sein. Der Hof ist seit sechs Generationen in Familienbesitz, die Brennerei kam erst 1999 vom Schwiegervater dazu.

Aber zurück in den Schulungsraum, der Chef kommt zur Tür herein, ein großer Mann mit Brille, quasi der moderne schwäbische Bauer mit einer gehörigen Portion Eigenheit – aber das sagt man den Älblern ja ohnehin nach. Auf unsere Fragen antwortet er klar und ausführlich und wir merken sofort, dass hier einer steht, dem seine Arbeit in Fleisch und Blut übergegangen ist. Als er die Brennerei übernahm, war das zunächst keine Liebesheirat. Er kannte sich mit dem Brennen nicht so gut aus, sowieso war die Brennerei auf Obstbrände ausgelegt – Whisky stand überhaupt nicht zur Debatte. Ein alter Schulfreund, den er jahrelang nicht gesehen hatte, nahm ihn mit ins „Tal“ um auf einer Obstbaumwiese Bäume zu schneiden und ihm so die landwirtschaftliche Arbeit eines Obstbrenners näher zu bringen.

Als er also mit seiner Schere durch die Reihen lief, wurde dem studierten Agrar-Ingenieur klar, dass seine Zukunft wohl doch eher auf einem Mähdrescher zu suchen war, als auf einer Obstbaumwiese. Also begann er, das Getreide von seinen eigenen Feldern zu darren und zu mälzen, um schließlich schwäbischen Whisky daraus herzustellen. Zunächst auf dem Hofgut Aglishardt; aber seit dem Bau einer eigenen pot still zu Hause in Nellingen, wird daheim gebrannt. Er lädt uns zu einem kleinen Rundgang durch die Brennerei ein. Die neue 3000 Liter pot still glänzt noch ein bisschen in der Frühlingssonne, die durchs Tor fällt. Seit 2012 steht sie da, eigens entwickelt und mit einem Brennereihersteller gebaut, wurde sie auf die ganz eigenen Bedürfnisse angepasst. Wir probieren den new make und können nicht so recht glauben, dass dieser Rohbrand 90% Alkohol hat. Natürlich brennt er auf der Zunge, aber er ist schon erstaunlich weich und aromatisch. Der Vorlauf wird großzügig und konsequent abgeschnitten und an die Industrie zur Weiterverarbeitung verkauft. Ein Teil des frühen Nachlaufes, in dem noch Aromastoffe enthalten sind, wird aufgefangen und nochmals gebrannt. Der Rest wird abgeschnitten. Die Kupferbrennblase brennt das ganze Jahr über, außer an Weihnachten, Ostern und Pfingsten, wie sich das für eine rechte schwäbische Brennblase gehört. So füllt Herr Fink 20-30 Fässer pro Woche. Mittlerweile ist ein ansehnliches Fasslager mit etwa 3000 Fässern entstanden.

Den Unternehmer plagen Platzsorgen. Deshalb ist neben den Lagern auf Aglishardt, Oppingen und Nellingen ein weiteres geplant. Die beachtlichen Investitionen sind notwendig: „Wir wachsen momentan dreistellig, der Markt will bedient werden. Außerdem investiere ich hier langfristig.“. Hans-Gerhard Fink freut sich, dass er dabei in Zukunft aus dem Vollen schöpfen kann. Seine Fässer kommen aus der ganzen Welt, er sucht sie selber aus. Neben Bourbonfässern aus den Häusern Heaven Hill, Jack Daniels und Buffalo Trace, verwendet er auch Fässer aus Griechenland, Frankreich, Schottland und Spanien. Innerhalb von 8-10 Tagen treffen die ungeschwefelten 225l Barriquefässer bei ihm ein. Die Konservierung erfolgt mit dem hauseigenen new make. Danach sind die Neuzugänge einsatzbereit. Der Chef gibt die optimale Reifezeit seiner Brände mit 5-12 Jahre an. „Warum er keine älteren Brände anvisiert?“ fragen wir. Es sei schlicht nicht notwendig, meint Herr Fink und schmunzelt. Durch die konsequente Abtrennung des Herzstückes beim Brennen gerieten weniger unerwünschte Stoffe in seinen Whisky. Die müssten sich dann bei der Lagerung auch nicht so lange abbauen, bis ein weicher Geschmack erreicht sei.

Dann lädt er uns ein, eines seiner Fasslager anzuschauen. In der Hoffnung auf einige Proben von der Basis, lassen wir uns gerne überreden. Unter anderem verkosten wir einen Whisky mit Rauchmalz, einen aus Mais und ein Tröpfchen, das in Zusammenarbeit mit Gold Ochsen entstehen wird. Die Ulmer Brauerei liefert ihre eigene Maische an Hans-Gerhard Fink, der sie dann brennt. Der Geschmack ist malzig und getreidebetont, die Viskosität überrascht – auf den ersten Schluck fühlt sich der Brand wie Likör auf der Zunge an. Auf der Rückfahrt bemerkt er: „Schaut Euch das an“, er zeigt auf die Felder, „ist das nicht wunderschön?“ Man muss es ihm abnehmen, diese Begeisterung für das Land und die Landwirtschaft. Etwa 400 Hektar Felder bewirtschaftet Fink und sein Team. Das gesamte Getreide für seine Whiskys stammt aus eigenem Anbau. Neben Weizen stehen auch Mais, Dinkel, Emmer und Einkorn zur Verfügung. Wieder in Nellingen gelandet, zeigt er uns noch die kleine pot still, in der sein Albfink Gin gebrannt wird.

Der Besuch hätte sich bestimmt beliebig ausdehnen lassen, zu viel Interessantes kann man mit dem Fachmann bereden. Aber die Bastion ruft und so verabschieden wir uns um eine tolle Erfahrung reicher vom Finch- Team.

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