6 Fragen an...Christoph Thörle, Weingut Thörle

08.11.2020

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6 Fragen an… Christoph Thörle, Weingut Thörle/Rheinhessen

  1. Seit vielen Generationen bewirtschaftet die Familie Thörle Weinberge. Aktuell gibt es 3 Generationen, die mittel- und unmittelbar mit dem Weingut zu tun haben. Wie gehen Sie mit dem Verhältnis von Nähe und Distanz bezogen auf die Arbeit im Weingut und den zahlreichen Familienmitgliedern um?


  2. Weinbau ist schon immer ein Generationenprojekt. Nur durch die Grundsteinlegung unserer Vorfahren, in dem sie Weinberge in guten Lagen angeschafft und mit wertvoller Rebgenetik bepflanzt haben oder Wirtschaftsgebäude errichtet haben, können wir heute unseren Betrieb rasch entwickeln.
    Im Weinbau folgt man auch selten Moden, sondern alles ist auf Langfristigkeit angelegt. Eine Neuanlage eines Weinbergs ist zum Beispiel eine Investition für die nächsten 40 bis 50 Jahre. Den ersten Ertrag gibt es nach 3 bis 4 Jahren. So ist unser Takt.
    Unsere Eltern haben den Betrieb aufgebaut, um ihn an uns zu übergeben. Wir entwickeln ihn weiter, um irgendwann dasselbe zu tun. Drei potentielle Betriebsnachfolger im Alter zwischen 1 und 4 stehen schon parat. Auch wenn wir den elterlichen Betrieb fast komplett umgekrempelt haben, ist gerade auch in den ersten Berufsjahren doch manchmal auch ein guter Rat vom Vater oder ein Veto bei bestimmten Vorhaben von Vorteil.
    Das ganze Vorhaben „Familienbetrieb“ funktioniert jedoch nur, wenn alle an einem Strang ziehen – und das ist hier der Fall. Als sehr wichtig erachten wir auch, dass jedes Familienmitglied einen etwas anderen Verantwortungsbereich hat. Wir sprechen uns zwar bei allem ab, aber jeder kann sich in seinem Bereich selbst verwirklichen und finden.

  3. Hat der Neubau und die damit verbunden erweiterten technischen und räumlichen Möglichkeiten Ihre Art und Weise Wein zu machen verändert? Wie drücken sich diese Veränderungen aus?


  4. Der Neubau war ein Meilenstein in der jüngsten Betriebsgeschichte. Endlich haben wir genug Platz, unsere Flaschen und Fässer perfekt zu lagern. Auch die Arbeit geht viel schneller und angenehmer von der Hand. Zudem können wir unsere Kunden/ Partner nun endlich in einer Atmosphäre empfangen, die unseren Weinen entsprechend ist.
    Wie bei allen anderen Top-Weingütern auch, brauchen wir unendlich viel Platz. Der teilweise Ausbau der Weine in kleinen Holzfässern braucht beispielsweise viel mehr Platz, als das Lagern in großen Edelstahltanks. Auch das Vorhalten älterer Jahrgänge, vieler großformatiger Flaschen oder edelsüßer Raritäten gehört einfach dazu.
    Eigentlich haben wir an unserer Weinstilistik bedingt durch den Neubau nichts geändert. Wir sind aber effektiver geworden und jede Flasche und jedes Fass hat nun sein perfektes Raumklima.

  5. Sie sind regelmäßig bei der rheinhessischen Ortswein-Preview am Vorabend der Weinbörse in Mainz vertreten gewesen. Diese wird seit 2017 von der „Maxime Herkunft Rheinhessen“ ausgerichtet, eine Vereinigung rheinhessischer Winzer mit in mehrfacher Hinsicht starkem VDP-Bezug. Darf man hierin außer einer starken Übereinkunft mit der Ausrichtung des VDP frühzeitige Ambitionen hinsichtlich einer möglichen Mitgliedschaft wähnen?


  6. Die Betriebe der Vereinigung „Maxime Herkunft Rheinhessen“ teilen die Ansicht, dass sich Qualität nur auch über Herkunft definiert.
    Die Herkunftsgeprägte Qualitätspyramide mit den Kategorien Gutswein – Ortswein – Lagenwein haben wir schon seit dem Jahrgang 2005 eingeführt. Zudem eint dieser Verein die etwa 100 besten Betriebe aus dem gesamten Anbaugebiet Rheinhessen. Viele der Mitglieder sind nicht nur Vereinskollegen und wiederum Mitglieder im VDP Rheinhessen, sondern auch enge Freunde.
    Eine Mitgliedschaft im VDP wäre natürlich irgendwann eine tolle Sache, ist für uns im Moment jedoch kein Thema.

  7. In den vergangenen Jahren ist Ihr Weingut zunehmend international bekannt geworden. Gerade in den USA und in Großbritannien gibt es viele Fans. Hatte diese Entwicklung eine Auswirkung auf Ihren Weinstil? Welche Botschaft möchten Sie mit Ihren Weinen gerade im Ausland transportieren?


  8. Eine Exportquote von etwa 40% in über 40 Länder weltweit macht uns natürlich stolz und auch international immer bekannter. Da gerade im Ausland die typischsten Rebsorten Deutschlands, nämlich der Riesling und der Spätburgunder besonders gefragt sind, konnten wir von unseren beiden Lieblingsrebsorten auch den relativen Flächenanteil entsprechend erhöhen.
    Heute haben wir etwa 50% Riesling und 20% Spätburgunder im Anbau. Dies hat uns geholfen, uns auch stärker zu fokussieren und in dem was wir tun noch besser zu werden.
    Die Botschaft die wir ins Ausland tragen möchten lautet, Thörle steht für sehr handwerkliche Weine mit viel Arbeit im Weinberg und Keller. Unsere Weine vom Kalksteinboden, sind elegant, würzig und Zeugen Ihrer Herkunft. Die ökologische Bewirtschaftung der Weinberge ist natürlich Voraussetzung für diese Spitzenqualitäten.

  9. Seit 2016 ist das Weingut Thörle auch auf dem chinesischen Markt vertreten. Wie schätzen Sie die dortigen Chancen und Risiken kurz- und mittelfristig ein?


  10. China ist ein sehr attraktiver Markt und Riesling aus Deutschland bei den besten Sommeliers und Einkäufern bekannt. Wer auf das schnelle Geschäft aus ist, ist hier jedoch fehl am Platz.
    Höchste Professionalität ist Voraussetzung und Vertrauen und persönliche Kontakte entstehen nicht über Nacht. Der Pro-Kopf Verbrauch ist in China noch relativ gering und abseits der internationalen Städte wie Shanghai, Beijing oder Guangzhou ist das Thema Wein in Restaurants noch nicht sehr etabliert. Dennoch sind die Deutschen Rieslinge in vielerlei Hinsicht perfekte Partner für die chinesische Küche.
    Die Menschen in China schätzen die immer bessere Qualität der Deutschen Weine und auch die Ausbildung der chinesischen Sommeliers wird stetig besser, dadurch ergeben sich viele Möglichkeiten. Unser Anspruch ist es mit unseren Weinen auf den besten Weinkarten der Welt zu stehen, da gehört China selbstverständlich dazu.

  11. Stuart Pigott schrieb in der FAZ, sie allein hätten es vollbracht, dass Saulheim wieder auf den Weinkarten vertreten ist. Läßt es sich beschreiben, wie es zu dem vinologischen „Dornröschenschlaf“ der Region kam? Kann man da auf dem angestrebten Weg zum Premiumweingut auch einmal einem nagenden Zweifel anheimfallen?


  12. Der rheinhessische Wein, besonders der Niersteiner Riesling hat vor über 100 Jahren zu den teuersten Weinen der Welt gehört. Auch in der Saulheimer Ortschronik heißt es schon „Der Nieder- Saulheimer Wein ist kräftig, von außergewöhnlicher Güte und Reinheit. Die Spitzenweine der Lagen „Zu Höllen“ und „Probstey“ seien besonders genannt. Die Klöster St. Maria zu Mainz (1167), Kloster Eberbach (1354) und St. Peter (15. Jhd.) haben schon im Mittelalter die Güte der Saulheimer Lage erkannt und hier Weinberge bewirtschaftet. Der Flurname „Probstey“ erinnert noch heute daran.“
    Leider wurde nach dem 2. Weltkrieg, mit Beginn der landwirtschaftlichen Industrialisierung, generell beim deutschen Weinbau auf das falsche Pferd gesetzt. Der Einzug von minderwertigen, nur auf Zuckerleistung getrimmten Neuzüchtungen, wie Ortega, Kerner usw., das ständige Steigern von Erträgen und die Vernachlässigung des Herkunftgedankens führte zu einem sehr schlechten Image des Deutschen Weins.
    Erst mit Beginn der 1990er Jahre und Qualitätspionieren wie beispielsweise Knipser, Rebholz (Pfalz), Keller oder Gunderloch (Rheinhessen) ging es qualitativ wieder mit großen Schritten voran. Junge Winzer wie wir nahmen uns ein Beispiel an diesen Qualitätsvorreitern.
    Heute steht der Deutsche Wein wieder bärenstark da und ist auf den besten Weinkarten der Welt wieder stark vertreten.
    Auf dem Weg zum Spitzenweingut kamen bei uns jedoch selten Zweifel auf. Wir haben das Glück herausragende Kalksteinlagen in Saulheim zu besitzen. Die hohe Qualität unserer Weine ist auch vielen Journalisten nicht verborgen geblieben und es wurde im vergangenen Jahr viel über unsere Arbeit oder unseren Weingutsaufbau geschrieben.
    Der Erfolg ist über die Jahre stetig gewachsen und hat uns auf unserem Weg bestätigt.

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