Prowein 2024 (Teil 1)

20.03.2024

Messen > Prowein

Unsere vierte große Messe des Jahres 2024 ist immer noch die größte Weinmesse der Welt: die Prowein in Düsseldorf. Heute fand sie zum 30. Mal statt und ist ein Fixpunkt in der internationalen Weinwelt. An insgesamt drei Tagen trifft man sich in den Messehallen der nordrheinwestfälischen Landeshauptstadt und verhandelt die Geschäfte des kommenden Jahres in internationalem Flair. Die Erkenntnisse, die man hier jedes Jahr erhält, haben meist einen direkten Einfluss auf die weiteren Prozesse des Jahres – sei es als Produzent oder Händler.

Doch der große Riese scheint ins Wanken gekommen. Der einst unantastbare Nimbus dieser Veranstaltung zeigt tiefe Risse. Schon im vergangenen Jahr war dies deutlich zu spüren (Hier nachzulesen), der Unmut hat sich aber nur verstärkt und wird jetzt auch wesentlich lauter und öffentlicher zur Schau gestellt. Auf die Gründe hierfür werde ich später eingehen.

Zuerst soll einmal ein Bericht über unsere drei Tage vor Ort folgen: was haben wir dort getan? Wen haben wir besucht? Was sind unsere Eindrücke über die verkosteten Weine?

Die Anfahrt am Sonntagmorgen gestaltet sich relativ problemlos, die Bahnen sind zwar voll, aber halbwegs pünktlich. Und so stehen wir um 9:00 Uhr vor den Toren der Messe. Unser erster Weg führt in die Halle 1, in denen sich die deutschen Produzenten befinden. Das heutige Ziel ist es, ein paar Weingüter von der Mosel durchzuprobieren, in der Hoffnung, etwas Schönes als Ergänzung für unser Sortiment zu finden.

Aber manchmal kommt es anders, denn der erste Stand, den wir dann besuchen, ist von einem unserer neuesten Württemberger Produzenten im Sortiment: Christian Hirsch . Hier finden wir saftige, trinkfreudige Weiß- und Rotweine, die den kalifornischen Erfahrungsschatz des Winzers widerspiegeln. Dazu eine weiße und rote Cuvée, die ihre Premiere auf der Prowein feiern und aus neugezüchteten und pilzresistenten Rebsorten (Stichwort: Piwi) entstehen. Beide haben uns sehr gut gefallen.

Mit diesem ersten Eindruck geht es dann doch an die Mosel und dort werden vier ganz unterschiedliche Weingüter probiert, die einen genauso unterschiedlichen Eindruck hinterlassen. Hier werden die nächsten Tage und Wochen (und die Ergebnisse der Mainzer Weinbörse Ende April) zeigen, ob wir tatsächlich ernsthaft mit einem dieser Winzer arbeiten wollen.

Wir sind zu dritt auf dieser Messe unterwegs, und während wir die Moselaner noch gemeinsam verkostet haben, ist nun der Zeitpunkt gekommen, sich aufzuteilen. Nur so ist es wirklich möglich, all unsere anwesenden Bestandslieferanten zu besuchen. Während zum einen im Duo ein großer Teil unserer deutschen Produzenten besucht wird, wird zum anderen noch nachgeholt, was in Barcelona liegengeblieben ist. So ist es in der deutschen Halle ein Hin und Her zwischen den Regionen, während auf der anderen Seite des Messegeländes Spanien (Halle 11) und Portugal (Halle 12) abgedeckt wird.

Was die Repräsentanten aus Deutschland gemein haben: 2023 scheint ein toller Jahrgang zu werden – oder geworden zu sein! Aber bei jedem ein bisschen anders. Bei Thörle in Rheinhessen kann man das beim Gutsriesling (zugänglicher und feingliedriger als sonst, bei gleichbleibender toller Struktur), zwei erstaunlichen Grauburgundern und vor allem der Chardonnay Reserve sehen (diese kommt leider erst Ende des Jahres auf den Markt). Bei Schmitges an der Mosel gewinnt die Basis an Charme und Ausgeprägtheit, während bei Ziereisen aus Baden vor allem der große Gutedel, Jaspis 10 hoch 4, und die Lagenspätburgunder fantastisch sind (gut, hier jetzt aus älteren Jahrgängen). Bei Immich-Batterieberg macht sich auch ein neuer Stil bemerkbar: mehr Leichtfüßigkeit, mehr Spiel, mehr Lebendigkeit. Das funktioniert alles wunderbar! Man muss sich um Deutschlands Weißweine (und Rotweine) keine Gedanken machen.

In Spanien bekommen wir es währenddessen mit einer kräftigen, urwüchsigen Rebsorte zu tun, die Bobal der Dominio de la Vega . Cecilia Pueblo, für den Vertrieb und das Marketing zuständig, führt durch die einzelnen Weine, die mit ihrer Dichte, Tiefe und Kraft beeindrucken. Ein massives Tannin erinnert aber bei jedem Wein daran, dass es noch Jahre dauern wird, bis sich eine schöne Trinkreife ergeben wird. Der Finca la Beata darf zusätzlich eine wirklich feine Eleganz im Jahrgang 2016 zeigen.

In der Halle 12 werden drei Weingüter besucht: zwei Altbekannte, ein relativ Neues. Aus dem Douro zieren seit einem Jahr die Weine der Quinta Vale d‘Aldeia unser Sortiment und es galt den neuen Jahrgang zu überprüfen. Die Quinta da Casaboa und Herdade da Calada sind schon eine gefühlte Ewigkeit in unserem Sortiment. Bei allen dreien kann man eigentlich nur berichten, dass wir froh sein können, diese sauberen und dichten Weine verkaufen zu dürfen. Vor allem das Preis-Leistung-Verhältnis ist unschlagbar: blind verkostet würde man jeden Wein bei der Frage nach dem Preis um mehrere Euro noch oben setzen.

Wir kommen sehr gut und zügig durch unser Programm, sodass wir den Abend ebenfalls gemeinsam im Team beenden können, nämlich am Stand von Schloss Gobelsburg . Hier empfängt uns Barbara Koller, die internationale Vertriebsleiterin herzlich. Der 2023er Jahrgang der Gutsweine präsentiert sich in exzellenter Form: schon sehr ausgewogen, mit schönem Mineralikspiel und klarer Frucht. Die Länge am Gaumen erfreut uns sehr. Die Lagenweine aus dem Jahr 2022 präsentieren sich nach dem brillanten Jahrgang 2021 vielleicht nicht ganz so komplex, aber mit einer schönen strahlenden Frucht und einer feinen Struktur. Der letzte Abschiedsgong der Messe hat schon lange geläutet als wir uns verabschieden. Auf dem Weg nach draußen „stolpern“ wir noch über einen Altbierstand und stoßen auf einen erfolgreichen Tag an!

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Der nächste Morgen hält eine große Herausforderung parat: die Verkostung des Jahrgangs 2021 aus dem Bordeaux . Die Union des Grands Crus Bordeaux lädt an der Prowein immer Montagmorgens zu diesem Event auf der Prowein. Über dreieinhalb Stunden präsentieren die einzelnen Châteaux ihre Weine, die quasi frisch auf den Markt gekommen sind. Drei Jahre durften sie bis hierhin reifen, jetzt sind sie ganz offiziell zu haben (na gut, sie waren schon in der Subskription zu haben). Drei Jahre zuvor, im Zuge der En Primeur-Verkostungen, waren die Kritiker nicht sehr begeistert. Ein schwieriger, nicht wirklich schöner Jahrgang wurde prognostiziert. Ganz so schlimm haben wir es schon seinerzeit nicht empfunden, auch wenn sich zeigte, dass es ein sehr heterogener Jahrgang ist, selbst innerhalb der einzelnen Appellationen, haben sich eigentlich alle Weine gut entwickelt und zeigen eine schöne Stabilität. Es ist jetzt nicht der Jahrhundertjahrgang, aber all die schlechte Kritik hat er auch nicht verdient.

Da sich zwei Kollegen den Bordelaisern widmeten, konnte Kollege Nummer drei das Liegengebliebene aus Paris nacharbeiten. Hier ging es um zwei Weißweingüter: Louis Latour aus dem Burgund , und Henri Bourgeois von der Loire . Die Chardonnays aus dem Burgund sind im Jahrgang 2022 sehr fruchtbetont und dürfen eine schöne Fülle zeigen. Dennoch ist genügend Frische vorhanden, dass die Weine nicht klobig wirken.
Bei Henri Bourgeois geht es zunächst einmal um die neue Ausstattung der Flaschen. Für alle Weine von der Loire wurden neue Etiketten entworfen und ein neuer Name ge- oder erfunden. Diese Namen orientieren sich am Terroir, auf denen die Trauben für die einzelnen Weine wachsen. Man will sich jetzt zuallererst auf seine Böden fokussieren und dies auch mehr nach außen präsentieren. Die Weine sind als klassisch für dieses Weingut zu betrachten: eine schöne Weichheit in der Nase und auf der Zunge, abgerundet von dezenter Säure und deutlichem Mineralikspiel. Wirklich gut gelungen sind auch die Sauvignon Blancs von Bourgeois‘schen Weingut in Neuseeland, Clos Henri: hier hat man vollmundige Weißweine in einem Gewand von der Loire. Sehr schön!

Der Nachmittag ist ein wildes Reisen durch die Länder: Italien, Spanien, Portugal, die USA und Deutschland reihen sich hinter den Franzosen von der morgendlichen Verkostung auf. Das Weingut Braida ist eine sichere Bank - der Bricco dell‘Uccelone steht einfach für sich. Die Piemonteser sind dazu mit ihrem deutschen Botschafter Norbert Reinisch an der Front einfach wunderbare Menschen, die einem den Messebesuch leicht und angenehm machen.

Den Weinen von Hacienda el Ternero und Tamaral merkt man einen Stilwechsel an: die reinsortigen Tempranillos aus dem Rioja bzw. dem Ribera del Duero haben in der Basis Zugänglichkeit in Form einer Novello-Stilistik bekommen, während die „großen Brüder“ mehr Fülle zeigen. Die ansonsten recht prägnante Säure wird so abgefedert und macht die stolzen Spanier fast schon zahm und zugänglich.

Das letzte auf der Liste stehende Weingut aus Portugal, Boas Quintas , ist auch erst seit Kurzem in unserem Sortiment zu finden und beliefert uns mit Weinen aus dem Dao und Setubal . Gerade die Weißweine haben es uns angetan, wieder eine grandiose Vorstellung zu einem kleinen Preis. Aber auch die Rotweine können punkten, es sind tolle, saftige Seelenschmeichler.

Der Besuch in Halle 14, bei den Weingütern und Importeuren aus Übersee hat dieses Mal nur eine Station für uns parat: den „Weingarten Eden“, unser Importeur für Weine aus den USA. Hier reiht sich ein kraftvoller Rotwein an den anderen, wobei hier die Weine von Duckhorn , Hahn und natürlich Caymus die Nase vorne haben.

In Deutschland stehen dann noch die Weingüter Kruger-Rumpf und Schnaitmann auf dem Programm. Bei Kruger-Rumpf von der Nahe meint man einen durchgängigen Anstieg an Qualität zu verspüren. Wenn man einen Unterschied finden wollte (muss man aber nicht), dann ist die Quarzit-Linie insgesamt etwas stärker als die Schiefer-Linie.
Das Weingut Schnaitmann ist und bleibt eines der stabilsten Weingüter in Württemberg , vor allem was Beständigkeit in der Qualität angeht. Ganz erstaunlich war hier ein Trollinger: mit dem „Anders“ will man diese Rebsorte aus ihrem verstaubten Schattendasein führen. Wir finden das funktioniert sehr gut.

Am Ende des Tages sind wir schon ein bisschen stolz auf uns: wir haben unser straffes, vollgepacktes Programm sehr gut über die Bühne gebracht. Die Ergebnisse sind mehr als zufriedenstellend. Da haben wir uns ein Altbier verdient…

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