Wine Paris 2023

20.02.2023

Messen > Wine Paris

Das neue Jahr ist angebrochen, nach und nach bringen die Weingüter den neuen Jahrgang auf den Markt und in der Welt des Weinhandels bereitet man sich auf die großen Messen in Europa vor.

Für uns bedeutet das einen kleinen Messe-Marathon über die nächsten drei Monate: wir werden insgesamt vier oder fünf Veranstaltungen besuchen. Prowein in Düsseldorf, die Vinitaly in Verona, die En Primeur-Verkostung im Bordeaux und die Mainzer Weinbörse. Los geht die Saison aber in Frankreich, bei der Wine Paris.

1. Etappe: Wine Paris (13.-15.2.23)

Über den Valentinstag in der Stadt der Liebe zu sein hat natürlich seinen Reiz. Auch wenn der Besuch nicht romantisch im eigentlichen Sinne ist, sondern die Zeit mit dem Verkosten von mehreren hundert Weinen verbracht wird. Aber das hat auch was Sinnliches, manchmal etwas Erotisches ;)

So oder so setze ich mich am Sonntag in den Zug nach Paris, komme dort nachmittags ohne weitere Vorkommnisse an und werde dort von meinem Gastgeber für die nächsten drei Tage, einem Freund aus alten Tagen, in Empfang genommen. Der Rest des Tages wird in der Stadt verbracht: Spaziergang an der Seine, Besuch eines Konzerts, Essen gehen. Ein schönes, kleines Paris-Erlebnis! Dann ist es Zeit fürs Bett, denn am nächsten Tag hat man ja was vor. Ich werde zwar nur an zwei der drei Messe-Tage vor Ort sein, aber auch das werden schon sehr viele verkostete Weine sein.

Der Montagmorgen bricht an, die Metro-Fahrt zur Messe ist mit Pendlern überfüllt, ich muss die dritte Bahn abwarten bevor ich einen Platz finde. So komme ich mit leichter Verspätung an der Messe an. Nicht weiter schlimm, denn die meisten Aussteller sind auch noch nicht da. Es ist mein erstes Mal bei der Messe in Paris und hier lerne ich, wie entspannt – gerade im Gegensatz zur durchorganisierten Prowein und der chaotisch-lebensfrohen Vinitaly – so eine Großveranstaltung sein kann. Am Morgen ist tatsächlich wenig los, die Winzer bauen ganz gemütlich ihre Stände auf (wenn sie denn schon da sind), die meisten Aussteller und Besucher tummeln sich noch in den umliegenden Cafés. Mittags scheint es auch wichtiger, sich in die langen Schlangen vor den Essensständen einzureihen und abends ist es vollkommen ok, eine halbe Stunde vor Schluss den Stand zu schließen. Ich merke mal wieder, wie deutsch ich eigentlich bin, zucke aber lächelnd mit den Schultern und passe mich den Gegebenheiten an. Bei aller Entspanntheit wird doch viel verkostet, denn die Messe ist gut besucht. An einigen Ständen komme ich erst beim dritten Vorbeigehen zum Zug, das Gedränge ist zum Teil groß.

Kommen wir zum Programm: Der Montag stand ganz unter dem Thema Frankreich, vor allem der Süden des Landes. Nach einem kurzen Schlenker an die Loire (die Weine von Henri Bourgeois bleiben eine konstante Größe; einfach schöne Sancerres und Pouilly Fumés) und ins Chablis (die Weine von La Chablisienne sind im Jahrgang 2022 herrlich!) geht es in die Provence, nach Sud-Ouest, an die Rhône und ins Languedoc-Roussillon. Hier wechselte sich viel Licht und Schatten ab: die einzelnen Rosés aus der Provence bildeten eine Achterbahnfahrt ab, der eine war grandios, der andere zum Vergessen. Zwei Weingüter konnten sich herauskristallisieren, man darf gespannt sein, ob eine Zusammenarbeit entsteht. Der Ausflug ins Sud-Ouest, genauer: Cahors, sowie ins Languedoc war recht mager was zufriedenstellende Ergebnisse angeht. Die meisten verkosteten Weine waren von guter Qualität, aber belanglos. Bei ein oder zwei Anbietern werde ich nochmal nachhaken, da Potenzial vorhanden ist. Der Trip an die Rhône offenbarte dann den allgemeinen Trend in der Weinszene: schlank, frisch und elegant soll der Wein des 21.Jh. sein! Was gerade in dieser Appellation zu sehr ungewohntem Verkosten führt, sind diese Weine traditionell eher für ihre Fülle und Üppigkeit bekannt. Unsere bestehenden und anwesenden Vertreter der Rhône dagegen punkten mit konstant guter Qualität: Auf Guigal und Perrin kann man sich verlassen, nur der einfache Côtes du Rhône rouge beider Weingüter versucht den Schritt in die Leichtigkeit. Hier will ich mal warten, was der Wein nach einem Jahr Flaschenreife an Körper zeigt. Eine Bank, was den klassischen Rhône-Stil angeht: Domaine Lafond. Das sind vollmundige, saftige, charmante Weine für jedermann!

Den Abschluss am Abend beging ich bei José Pariente aus dem Rueda in Spanien. Nach den ganzen französischen Rotweinen am Nachmittag war es mir nach was Weißem, Frischen. Und der Jahrgang 2022 vom Sauvignon Blanc sowie dem Verdejo sind fantastisch! Enorm ausgewogen, strahlende Frucht, toller, unaufdringlicher Säurebogen, Frische und Länge. Das macht Spaß! Auch der Süßwein Apasionado und die höherwertigen Weine wussten zu überzeugen.

Mit der Metro-Erfahrung des Montags im Rücken startete ich den Dienstag früher und hatte weniger Probleme bei der Fahrt. Dazu konnte ich (da die meisten Aussteller so oder so noch nicht da waren) mir mal das komplette Messegelände näher anschauen und den Plan des Tages durchgehen. Eine weitere kleine Eigenheit der Messe in Paris: hier wird ein kleines Rahmenprogramm geboten. An diesem Morgen z.B. spielte eine Band vor der Halle 4. Ein schöner Touch!

Heute wurde nochmal im Languedoc ein wenig weiter gebohrt und Bestandslieferanten besucht. Die Weine von Bruno Andreu überzeugen mit Ausgewogenheit und Klasse, die Weine der Domaine Boudau mit Charme und Weichheit. Und die Vertreter von Mas de Daumas de Gassac waren – wie immer – super spannend: hochwertig, komplex, nicht ganz rund geschliffen und daher mit ganz eigenem Charakter, unendlicher Länge und einem fast ewigen Lagerungspotenzial.
Dann ging ich noch bei Lafitte-Teston vorbei: einem Château im Madiran mit ganz interessanten, zugänglichen und recht preiswerten Tannat-Weinen. Vielleicht können wir hier eine Geschäftsbeziehung aufbauen und diese spannenden, ungewöhnlichen Weine zu uns ins Regal holen.

Der Nachmittag stand dann im Zeichen Portugals, genauer: dem Douro. Hier probierte ich mich durch mehrere Aussteller durch, war im Großen und Ganzen auch sehr zufrieden aber auch erstaunt über manch Auswüchse aufgrund des neuen Trends der schlanken, eleganten Weine: ein Weißwein aus dem Douro, der so leicht, herb und frisch wie ein Sauvignon Blanc von der Loire wirkt? Will man das wirklich? Die Rotweine, gerade im mittleren und gehobenen Segment, waren dagegen eine richtige Douro-Freude: Touriga Nacional liefert Dichte und marmeladige Frucht, die Cuvée-Partner besorgen die Struktur, Komplexität und Würze. Bei einzelnen Vertretern werden wir auf der Prowein sicher nochmal nachhaken.

Nachdem alles in allem „schweren“ Nachmittag (ein paar Port-Weine ließen sich nicht vermeiden…was im Douro dazu gehört) und zu diesem Zeitpunkt insgesamt 226 verkosteten Weinen, war meine Konzentration schon ein wenig angeknackst. So beschloss ich noch kurz bei der Bodegas Farina aus dem Toro, Spanien, vorbeizuschauen. Dieses Weingut ist seit vergangenem Sommer bei uns im Sortiment und wir kannten uns bisher noch nicht persönlich. Und dafür sind Messen ja auch da: Ein Gesicht den ganzen Mails und Telefonaten zuzuordnen. Nur kurz: die Weine sind auch im neuen Jahrgang Toro par excellence! Kraftvolle Konzentration gepaart mit Frische und Struktur.

Und nun ist das Ganze schon wieder vorbei, es ist Mittwochmorgen und ich sitze im TGV Richtung Deutschland.

Mein Fazit: Die Wine Paris ist für ihre Größe schön entspannt. Die Lockerheit in den Hallen überträgt sich auch auf das Verkosten und kommt den Weinen zu Gute. Der Trend zu insgesamt eher schlankeren, eleganteren Weinen ist an sich nicht verkehrt, gerade für den kommenden Sommer spannend. Aber wenn Weine aus Regionen, die traditionell eher köperbetonte Weine machen, und die Kundschaft sowas eigentlich auch erwartet, auf diesen Zug aufspringen, dann können da – meiner Meinung nach – recht schizophrene Geschichten bei rauskommen. Ob sich das auf Dauer, gerade an der Rhône und im Douro-Tal, durchsetzen wird, steht in den Sternen. Und schauen wir doch mal, ob sich dieser Trend auf den folgenden Messen bestätigt.

Ich bin froh in Paris gewesen zu sein, sehe meine „Recherchen“ als überwiegend positiv an, freue mich darauf, die möglichen Neuheiten auch euch, unseren Kunden, präsentieren zu können und werde sicher nächstes Jahr wieder dabei sein.

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